08.09.2025 Deutsches Zentrum für Industrie und Handel

Ein wichtiger Programmpunkt unserer Reise war der Besuch im German Center Taicang. Das Center ist ein Franchise von LBBW und BayernLB und gehört zu einem Netzwerk von fünf Standorten weltweit. Seine Hauptaufgabe besteht im Betrieb und in der Vermietung von Gewerbeflächen. Auf insgesamt fünf Etagen sind Firmen angesiedelt, rund die Hälfte davon deutsche Mieter – die Vermietung stellt zugleich die wichtigste Einnahmequelle dar.
Taicang selbst gilt in China fast schon als „deutsches Dorf“. Hier haben sich rund 530 deutsche Unternehmen niedergelassen, etwa zehn Prozent davon im German Center. Damit besitzt die Stadt die höchste Dichte deutscher Firmen im ganzen Land.
Ein Blick auf die deutsch-chinesischen Beziehungen
Im Rahmen des Besuchs erhielten wir auch einen Abriss zur Entwicklung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und China. Ursprünglich waren deutsche Unternehmen vor allem daran interessiert, ihre Produkte auf dem chinesischen Markt abzusetzen. Im Laufe der Jahre verschob sich der Fokus jedoch stärker auf die Anpassung an die lokalen Bedürfnisse und Anforderungen.
Ein Beispiel für die Besonderheiten des Marktes sind die hohen Kosten für ein Autokennzeichen in Shanghai – rund 12.000 Euro. Besitzer von Elektro- und Hybridfahrzeugen können jedoch ein grünes Kennzeichen beantragen, das ihnen bestimmte Vorteile verschafft. So dürfen E-Autos mit einem Shanghai-Kennzeichen zwischen 10 und 20 Uhr die Hochstraßen nutzen, während dies für andere Fahrzeuge eingeschränkt ist. Insgesamt habe sich die Luftqualität in den letzten Jahren spürbar verbessert.
Die chinesische Automobilindustrie setzt verstärkt auf digitale Features und Entertainment im Fahrzeug, während deutsche Modelle traditionell eher auf Technik und Sicherheit fokussiert sind. Auch das duale Ausbildungssystem aus Deutschland hat in Taicang Einzug gehalten und sorgt für gut ausgebildeten Nachwuchs – allerdings ist die Zahl der Ausbildungsplätze begrenzt, sodass ein hoher Konkurrenzdruck herrscht.
Aktuelle Herausforderungen und Strategien
Die wirtschaftliche Situation in China bleibt herausfordernd: eine schwächere Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts, sinkende Industrieproduktion, die Belastungen durch COVID-Schulden, US-Zölle, den Krieg in der Ukraine und eine nachlassende Auslandsnachfrage. Die Politik versucht gegenzusteuern, etwa mit Kaufanreizen für die Automobilbranche, Unterstützungsmaßnahmen für den Immobiliensektor oder einer Strategie gegen Deflation.
Langfristig verfolgt China das Ziel, technologisch unabhängiger zu werden. Für deutsche Unternehmen wird es dadurch schwieriger, in den kommenden Jahren Fuß zu fassen. Schon heute sind die Investitionen deutscher Firmen rückläufig. Stattdessen setzt man verstärkt auf die „China for China“-Strategie: Produktion und Lieferketten werden lokal aufgebaut, was wiederum die deutschen Zulieferer unter Druck setzt. Parallel dazu steigt die Forschungs- und Entwicklungsleistung vor Ort, wodurch ein ausgewogenerer Technologieaustausch entsteht.
Kommunikation und Arbeitskultur
Ein weiterer spannender Aspekt ist die Kommunikation in der Geschäftswelt: Während E-Mails kaum noch Beachtung finden, läuft der Austausch fast ausschließlich über WeChat. Auch Marketingaktivitäten verlagern sich auf Social-Media-Plattformen. Die Dynamik ist hoch, Unternehmen müssen immer schneller, besser und innovativer sein. Patente gelten dabei als schwer durchsetzbar und zu langsam, um wirklichen Schutz zu bieten.

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